Das First
Light des Reese-Newton
Am 23. Juli war es endlich soweit. Nach mehr oder weniger einem halben
Jahr der Planung und des Baues spielte nun auch das Wetter für den ersten Einsatz
des neuen Newtons und einiger neuer Okulare mit. Schon in der Dämmerung waren
Mond und Jupiter die ersten Ziele, die aufgrund ihrer Horizontnähe aber kaum
besonders beeindrucken konnten. Lediglich beim Mond fiel auf, wie dunkel die
Schatten waren - war das schon immer so? Die Okulare, die an diesem Abend zum
Einsatz kamen, waren ein Nagler Zoom 3-6mm, eine Nagler 16mm Type 5, ein Nagler
26mm Type 5 sowie das schon länger in meinem Koffer befindliche Meade UWA8,8mm.
Mit zunehmender Dunkelheit wurde es ernster. Erster Test am hellen Stern Deneb
- stimmt die Kollimation? Mit dem Nagler Zoom hoch auf 420-fache Vergrößerung
und etwas unscharf gestellt. Ui, sehr dunkle und klare Beugungsringe, so
deutlich kannte ich das bisher nicht. Aber das zentrale Beugungsscheibchen
sitzt trotz langwieriger Kollimation mit Cheshire am Tage nicht zentrisch. Also
gleich einmal die selbst konstruierte Hauptspiegelfassung auf ihre Funktion hin
getestet. Und das läuft enorm einfach! Eine knappe halbe Umdrehung an einer der
Rändelschrauben, aufpassen, dass bei der hohen Vergrößerung Deneb nicht aus dem
Blickfeld gerät, und schon sitzt das Beugungsscheibchen da, wo es hingehört.
So, nun muss auch der Ventilator zeigen, ob er nur zur schnellen Abkühlung des
Spiegels gut ist, oder ob er auch die Luft beruhigen kann. Die Luftunruhe ist
ja bei dem unscharf gestellten hellen Stern sehr gut sichtbar. Der Effekt des
Ventilators ist in der Tat verblüffend: Ohne Ventilator sieht man deutlich
Schlieren aufsteigen, mit dem Quirl auf kleiner Stufe (4-5V) verschwinden diese
fast vollständig. Erhöht man die Saugleistung auf die Nennspannung von 12V,
dann wird es aber schrecklich schlecht. Ein gewaltiges Gewaber lässt keine
Einzelheiten der Beugungsringe mehr erkennen. Also: in diesem Falle saugender
Betrieb und kleine Drehzahl bei der Beobachtung. Hohe Drehzahl nur zur
Abkühlung des Spiegels. Bei niedrig stehenden Objekten hilft das Ganze aber gar
nicht, dort ist die Luftunruhe ja nicht im Tubus, sondern weit entfernt in der
Atmosphäre.
Mittlerweile ist es dunkel, aber Wolken ziehen durch. Nun denn, die
ersten Objekte sollen es sein. Auf dem Programm steht nur Altbekanntes, um erst
einmal den Vergleich zu dem vorigen Instrument, dem 8" F/5-Newton zu
bekommen. Wie groß ist der Unterschied? Neben der etwas höheren Öffnung ist
dies ja auch kein Gerät von der Stange, sondern besitzt eine geprüfte Optik mit
0,95 Strehl des Hauptspiegels und knapp lambda/8 wave des Fangspiegels. Erstes
Objekt ist M57. Der Ringnebel ist ungewohnt hell, auf den ersten Blick ist die
zentrale Verdunkelung und damit die Ringform erkennbar. Vom Zentralstern
natürlich keine Spur. Nett, besonders bei 8,8mm Brennweite. Rüber zu M51. Der
Whirlpool steht schon knapp über dem Haus. Kann ich hier das erste Mal eine
Spiralstruktur erkennen? Nein, heute nicht. Die Galaxie säuft doch zu sehr im
noch etwas hellen Hintergrund ab. Zwar sind deutlich und einfach beide Kerne
erkennbar, aber zu mehr reicht es nicht. Nun folgt erst einmal eine
Zwangspause. Zu viele Wolken, wird das heute noch was? Nach eine halben Stunde
Rocky Horror Picture Show (lang ist es her) wieder raus, und nun die
Überraschung: ein blankgeputzter Himmel, noch dazu mit einer ungewöhnlich guten
Transparenz. Dann kann es ja richtig losgehen. M13, der Kugelsternhaufen im Herkules:
Wahnsinn, ein Riesenunterschied zum 8-Zöller. Knallig hell und eine gewaltige
Ansammlung einzelner Sterne bis ins Zentrum! Damit ist klar: die Optik ist
nicht nur geprüft, sondern wirklich gut. Auch hier der beste Anblick mit 8,8mm,
mit etwas Mühe passen neben dem Haufen noch die beiden dicht dabei stehenden
hellen gelben und blauen Sterne mit ins Blickfeld. Man kann sich von dem
Anblick kaum losreißen. Trotzdem, nächstes Ziel ist der Hantelnebel M27. Sehr
schön bei 16mm und mit UHC-Filter. Ich habe immer den Eindruck, der Wattebausch
würde vor den umgebenden Sternen stehen. Sehr hell ist er, die Form deshalb
heute weniger eine Hantel, als vielmehr ein Oval, da die "Ohren" auch
sehr schön deutlich sind. Nun M31, die Andromedagalaxie. Eigentlich immer
enttäuschend, und das ist sie auch heute. Im 26mm Nagler eine das ganze
Bildfeld füllende Nebulosität, aber außer der sehr deutlichen Konzentration zur
Mitte hin ohne Struktur. Immerhin, die beiden Begleitgalaxien sind deutlich und
sofort erkennbar, kein mühsames Suchen. Jetzt kam was kleines für das Nagler
Zoom: der Katzenaugennebel NGC 6543. Schön blau steht er da, auch bei 420-fach
noch hell. Ein Filter ist nicht nötig. Deutlich die Rhombenform, aber weitere
Details sind nicht sicher auszumachen. Allerdings: Zeitweise sicher zu halten
ist der Zentralstern, der im Vergleich zu Fotos hier winzig klein erscheint.
Ein richtiger Minipunkt in dem bei 420-fach vergleichsweise großen Nebel. Nun
noch etwas für den O[III]-Filter und das 26mm Nagler. Erst mal NGC7000, der
Nordamerikanebel. Die Vergrößerung ist natürlich noch viel zu hoch, um einen
Gesamtüberblick zu haben. Aber man fährt durch wallende Nebelmassen, deren
Strukturen sich gut zuordnen lassen. Allen voran natürlich das Gebiet
"Mittelamerika" oder auch "The Wall" genannt. Sehr schön
eindeutig sichtbar. Beim Abfahren der Umgebung steuert man durch den
Nordamerikateil und auch hinüber zum Pelikannebel. Alles hebt sich gut vom
Hintergrund bzw. weniger dichten Nebelteilen ab. Der Kontrast ist natürlich
längst nicht so wie auf Fotos, aber die bekannten Formen lassen sich gut
erkennen. Weiter zum Cirrus-Nebel. Der Sturmvogel ist sofort deutlich und füllt
nahezu das gesamte Feld des 26mm Naglers. Auch das Auslaufen in die zwei
Spitzen ist gut erkennbar. Schwenk leicht nach Osten, und hier ist der andere
Teil. Ebenfalls bildfüllend, mit beeindruckenden Details. Erstaunlich, was man
hier sehen kann, denn der Cirrus ist ja auch fotografisch ein Objekt, das
längere Belichtungszeiten benötigt. Noch mal zurück zum Sturmvogel - was ist
denn das? Da sind doch tatsächlich weitere Komponenten des Nebelkomplexes
visuell zu erkennen! Das ist für mich eine Premiere. Sturmvogel und Ostteil
sind mit O[III]-Filter ja recht einfach, aber mehr ging bisher wirklich nicht.
Wahrscheinlich sind es vorwiegend die guten Bedingungen dieser Nacht, aber das
verbesserte Equipment wird hier auch nicht gerade schaden. Nun noch eine
Premiere, allerdings hatte ich mich daran bisher auch noch nicht versucht: der
Crescent-Nebel, NGC6888. Auch der kann sich heute nicht verstecken, nicht so
klar wie der Cirrus-Komplex, aber eindeutig erkennbar in der ovalen Form, wobei
das Zentrum dunkel bleibt. Schön sieht er aus, gerade mit den Sternen, die
seiner äußeren Form zu folgen scheinen.
Ich bin begeistert, allgemein ist eine deutliche Steigerung vor allem
in der Helligkeit der Objekte zu verzeichnen, beim Kugelsternhaufen spielt
anscheinend auch das gewachsene Auflösungsvermögen eine deutliche Rolle. Die
Mühe hat sich gelohnt! Danke an dieser Stelle an Ralf Becker für Lack und
Dunkelheit in der Röhre sowie manches nette Gespräch, und an Bernd Schmeyers
für die Umsetzung der Konstruktion der Spiegelzelle in Hardware – Bernd, sie
tut vorbildlich!
Mittlerweile nähert es sich drei Uhr morgens, und da ich ansonsten eher
der Astrofotofreak bin, möchte ich wenigstens noch sehen, ob ich mit der Kamera
auch in den Fokus komme. Die Naglers waren fast am äußeren Anschlag des
Okularauszuges, also sieht das schon gar nicht schlecht aus. Kamera ran - Mist!
Es fehlen wohl so zwei Millimeter. Also neu kollimieren. Rändelschrauben
möglichst gleichmäßig bedienen und drei bis vier Umdrehungen höheren Spiegel
spendieren. Jetzt passt es! Das Nagler Zoom und Wega müssen ran, um die
Kollimation wieder zu perfektionieren. Ruck-Zuck erledigt. Nun mal ein paar
ganz schnelle Testaufnahmen, nur je einige Male 20 Sekunden von M57 und M27.
Ohne Nachführkorrektur, mal schauen. Immerhin, die Nebel sind auf dem Display
deutlich zu erkennen. Und hier gibt es als Zugabe zu dem Beobachtungsbericht
nun auch noch die ersten gestackten Bilder.
M27,
10“ F/5 Newton, Canon350Da bei 1600ASA, 11x20s, 23.7.07
M57,
10“ F/5 Newton, Canon350Da bei 1600ASA, 3x20s, 23.7.07