Kennzahlen

 

Okularbrennweite

 

Die Kennzahl für die am Teleskop erreichte Vergrößerung ist die Okularbrennweite f. Die Vergrößerung V ist einfach (mit F als Teleskopbrennweite):

 

                                   (1)

 

Also z.B. für f=4mm, F=1000mm eine 250-fache Vergrößerung.

 

Abbildung 1: Einige wichtige Begriffe in anschaulicher Grafik

 

Welche Vergrößerungen sind sinnvoll?

 

Die kleinste Vergrößerung ergibt sich dann, wenn die Austrittspupille am Okular so groß ist wie die Eintrittspupille des auf dunkel adaptierten Auges, also 7 bis 8mm. Bei kleineren Vergrößerungen und damit größeren Austrittspupillen gelangt nicht mehr alles Licht in das Auge. Sie sind zwar möglich, das Bild ist jedoch identisch mit dem eines Instrumentes kleineren Linsen- bzw. Spiegeldurchmessers - entsprechend des Lichtverlustes.

Die Austrittspupille A berechnet sich einfach aus dem Öffnungsverhältnis des Teleskopes (Linsen- bzw. Spiegeldurchmesser D zu Brennweite F) und der Okularbrennweite f. Der Zusammenhang ist:

 

                                  (2)

 

Für die Minimalvergrößerung ergibt sich also

           

                                               (3)

 

Die untere Grenze der Vergrößerung hängt also nur vom Linsen- bzw. Spiegeldurchmesser ab! Die entsprechende längste Okularbrennweite ist

 

                                              (4)

 

also für ein System mit einem Öffnungsverhältnis von 1/6 maximal 48mm.

 

Für die sinnvolle Maximalvergrößerung möchte ich ein wenig ausholen.

 

Die maximale theoretische Auflösung eines Teleskopes ist durch die Beugung am Rand des Objektives begrenzt. Ohne Herleitung sei hier der Standardwert für diese theoretische Grenze genannt:

 

                                                               (5)

 

D.h. also, dass ein Instrument mit Objektivdurchmesser 140mm ein Auflösungsvermögen von 1“ (eine Bogensekunde) hat, bei doppeltem Durchmesser 0,5“, bei 70mm 2“.

Hinter dem Teleskop sitzt als weiteres optisches Element das Auge. Dieses ist, aufgrund des Abstandes der lichtempfindlichen Zellen auf der Netzhaut, in der Lage ca. 60“ oder eine Bogenminute aufzulösen. Die Vergrößerung VAuflösung, bei der man prinzipiell das Auflösungsvermögen des Instrumentes bereits voll ausnutzt, ist daher

 

                              (6)

 

Also bei einem 200mm Objektiv gerade einmal 86-fach. Jede weitere Vergrößerung führt zu einem „unscharfen“ Bild. Aus verschiedenen Gründen ist es dennoch sinnvoll, höhere Vergrößerungen einzusetzen:

  1. Bei geringer Beleuchtung, also z.B. bei Deep-Sky Beobachtungen, sinkt das Auflösungsvermögen des Auges auf ca. 2 bis 3 Bogenminuten. Dementsprechend kann auch stärker vergrößert werden, bis ein unscharfer Eindruck entsteht.
  2. Es ist sehr anstrengend, Details an der Grenze des Auflösungsvermögens des Auges erkennen zu wollen. Eine höhere Vergrößerung ermöglicht entspannteres Sehen.
  3. Planeten sind bei kleineren Vergrößerungen sehr hell. Durch höhere Vergrößerung wird die Flächenhelligkeit reduziert, Kontraste kommen besser zur Geltung.

Aus diesen Gründen wird als Grenze für die Maximalvergrößerung nicht D [mm]* 0,43, sondern

 

                                                       (7)

 

empfohlen. Für Refraktoren findet man sogar D [mm] * 2,5.

 

Die zugehörige minimale Brennweite des Okulars ist dann

 

                                                       (8)

 

Dies liefert für ein System mit 1000mm Brennweite und 100mm Objektiv z.B. 5mm minimale Okularbrennweite.

 

Gesichtsfeld

 

Zu unterscheiden sind die beiden Begriffe „scheinbares Gesichtsfeld (SG)“ und „tatsächliches Gesichtsfeld (TG)“.

Das scheinbare Gesichtsfeld ist eine Eigenschaft des Okulars, nämlich der Öffnungswinkel, den ich sehe, wenn ich durch das Okular schaue. Je nach Bauart sind scheinbare Bildwinkel zwischen ca. 30° (Okulare nach Huygens) und ca. 82° (Nagler) möglich. Anschaulich gesprochen erweckt ein Huygens-Okular den Eindruck, als würde man durch einen Tunnel blicken, während man beim Einblick in ein Nagler-Okular in der ersten Kinoreihe zu sitzen scheint.

Das tatsächliche Gesichtsfeld ist das Himmelsareal, angegeben in Grad, das man beim Blick durch das Teleskop überschauen kann. Es setzt sich zusammen aus dem scheinbaren Gesichtsfeld des Okulars und der mit dem Okular erzielten Vergrößerung. Der Bezug ist

 

                                                                   (9)

 

Bei gleicher Vergrößerung erzielt man also mit Weitwinkelokularen (ca. 70° SG) ein tatsächliches Gesichtsfeld mit dem 2,3-fachen Durchmesser gegenüber einem orthoskopischen Okular (30° SG), d.h. die betrachtete Himmelsfläche ist um den Faktor 5,4 größer! Bei großflächigen Objekten drängt sich daher die Verwendung von Weitwinkelokularen geradezu auf, der Eindruck am Teleskop ist unvergleichlich imponierender.

Übliche tatsächliche Gesichtsfelder reichen von ca. 3,2°, also mehr als dem 6-fachen Monddurchmesser (31mm Nagler an einem Teleskop mit 800mm Brennweite), bis herunter zu einigen Bogenminuten.

 

Hinweis für fortgeschrittene Leser:

 

Die Formel (9) ist zwar weit verbreitet und wird gerne benutzt (auch von uns), streng genommen ist sie aber nicht richtig. Vernachlässigt wird bei dieser Formel, dass Okulare nicht verzeichnungsfrei sind (sein können), wodurch die Vergrößerung über das gesamte Gesichtsfeld keine Konstante ist. Bei kissenförmiger Verzeichnung steigt die Vergrößerung zum Rand hin. Da wir bei unserer Bestimmung des scheinbaren Gesichtsfeldes über diese Formel rechnen, sind unsere so ermittelten scheinbaren Gesichtsfelder je nach Stärke der Verzeichnung eher etwas kleiner (ca. 0° bis 3°) als die der Definition entsprechenden scheinbaren Gesichtsfelder. Der Vorteil ist jedoch, dass die Formel (9), wenn unsere ermittelten scheinbaren Gesichtsfelder benutzt werden, das richtige Ergebnis für das tatsächliche Gesichtsfeld liefert. Der Nachteil ist, dass hierdurch inhärente Unterschiede in den scheinbaren Gesichtsfeldern, wie sie von den Herstellern angegeben werden, und unseren bestehen.

 

Das maximale scheinbare Gesichtsfeld ist physikalisch begrenzt und ergibt sich aus der Okularbrennweite und dem Durchmesser der Feldlinse bzw. der Feldblende zu

 

                                      (10)

 

Zur Beachtung: Rechnet man mit dem Taschenrechner in der Einstellung „DEG“, dann entfällt der Faktor 180/π (arctan im Bogenmaß!). Ist die Einstellung auf „RAD“ oder rechnet man mit Excel, dann die Formel bitte wie angegeben benutzen.

 

Da die Größe der Feldlinse durch den Okulardurchmesser eine natürliche Grenze hat, haben Okulare mit 24,5, 31,8mm und 50,8mm Durchmesser entsprechend ihrer Brennweite ein maximales scheinbares Gesichtsfeld (s. folgende Tabelle). Das angegebene Gesichtsfeld ist theoretisch, da die Einsteckhülse eine gewisse Wandstärke haben muss, sind die tatsächlich erreichbaren Gesichtsfelder einige wenige Grad kleiner.

 

Einsteckdurchmesser

Okularbrennweite (mm)

maximales scheinbares Gesichtsfeld (°)

24,5mm

15

78,5

 

20

63,0

 

25

52,2

 

30

44,4

 

40

34,1

31,8mm (1 ¼“)

15

93,3

 

20

77,0

 

25

64,9

 

30

55,8

 

40

43,4

50,8mm (2“)

25

90,9

 

30

80,5

 

40

64,8

 

50

53,9

 

80

35,2

 

Tabelle 1: Maximal mögliche scheinbare Gesichtsfelder für Okulare mit verschiedenen Einsteckdurchmessern und Brennweiten.

Größere scheinbare Gesichtsfelder sind verzeichnungsfrei nicht erreichbar! An dieser Tabelle sieht man auch, warum und wo 2“-Okulare ihre Berechtigung haben: Bei langen Brennweiten, wenn das gewünschte  scheinbare Gesichtsfeld mit einem Okular kleineren Einsteckdurchmessers nicht mehr zu erreichen ist. Bei einer Brennweite von z.B. 15mm sehe ich dagegen selbst mit einem Ultraweitwinkel exakt dasselbe mit 2“ wie auch mit 1 ¼“-Okularen.